Freitag, Mai 31, 2002

Granada

Hier trennt sich Niels wieder von uns (Reist südwärts) und auch Vera zieht's weg in eine Sprachschule in Guatemala. Ich verbringe hier die nächste Woche bei einer Nicaraguanischen Familie mit drei kleinen Kindern und erfahre dabei so allerhand über das Land und die Leute. Diese sprechen gerne über die wirren Jahre nach der Somoza Diktatur, der Zeit unter den Sandinisten und schliesslich die Contra Rebellen; Leider gibt es auch weniger schöne Sachen, so bricht die Hausfrau von meiner Gastfamilie in einem Gespräch mit mir in Tränen aus weil ihr Mann sie ziemlich schlecht behandelt, was hier sehr häufig zu sein scheint, nach einer Woche als ich wieder ausziehe fällt mir der Abschied schwerer als nach 8 Wochen bei meiner Ticofamilie, soviel zur Herzlichkeit der Leute hier.

Dienstag, Mai 28, 2002

Am Rio San Juan Del Sur


Weiter geht's diesmal mit einer richtigen Fähre und keiner Nussschale zu einem ziemlich abgelegenen Ort (Alle Lebensmittel kommen zweimal die Woche mit dieser Fähre). Das Boot legt am Abend von der Insel ab um am nächsten Morgen am Südende des Nicaraguasees anzukommen. Vera und Niels (ein netter Holländer den wir aufgelesen haben) wollen die Nacht auf harten Bänken im stickig -heissen und überfüllten Aufenthaltsraum verbringen. Jana und meine Wenigkeit wollen unsere Hängematten irgendwo im Freien aufhängen. Leider passt das unserem Schiffsaufseher, einem kleinen Männchen um die 50 mit eindrucksvoller goldbestickter Mütze nicht: Lauthals wettert er los als ich irgendwo in luftigen Höhen auf den Aufbauten herumklettere um die Hängematten zu befestigen. Hartnäckig ignoriere ich ihn bis die Hängematten befestigt sind um mich danach über meine Tat zu entschuldigen - So läuft das hier, Hauptsache die Dinger hängen. Die Nacht verbringen wir Cuba-Libre schlürfend über dem rauschenden Wasser in unseren Hängematten - Das es trotzdem ziemlich Kalt wurde darf man ja nicht zugeben. Das Schiff sieht aus wie ein Flüchtlingsdampfer: völlig überfüllt liegen die Leute kreuz und quer auf dem Deck. Als die einzigen Gringos und noch dazu mit Hängematten bewaffnet werden wir natürlich misstrauisch beobachtet: Vor allem unser Schiffsaufseher taucht immer wieder hinter den komischsten Stellen auf um uns unauffällig und misstrauisch zu beobachten ob wir wohl wieder was anstellen werden.


In San Carlos, einem kleinen Kaff mit schlammigen Strassen angekommen, nehmen wir gleich ein Boot welches uns 50 Kilometer Flussabwärts in ein kleines völlig abgelegenes Dorf mitnimmt. Die Flussfahrt ist auch hier wieder ein Erlebnis: Der Fluss ist völlig braun und fliesst durch praktisch unbesiedeltes Gebiet, immer wieder legt das kleine Boot am Ufer an um Leute aufzunehmen oder abzuladen; aber Anlegestellen gibt es nirgends und auch wundere ich mich immer wieder woher diese Leute kommen oder wohin sie gehen, weil Häuser kann man fast nirgends entdecken - nach dem Anlegen montieren die Leute fast immer ihre Gummistiefel, was zuweilen ziemlich komisch aussieht weil ja alle ihre Sonntagskleidung tragen wenn sie in die "Stadt" gehen...

Auch auf diesem Boot sind wir die einzigen Touristen und man kommt leicht mit den Einheimischen ins Gespräch; so erfährt man dass hier viele Leute weder lesen noch schreiben können (nur ihre Unterschrift) und dass viele noch nie irgendwo anders als an ihrem Fluss waren in ihrem Leben. Wozu denn auch? Schliesslich arbeitet man hier sieben Tage die Woche ohne Ferien wenn man Arbeit hat - und das Geld fehlt meistens auch. Nach vier Stunden kommen wir in El Castillo einem Dorf mitten im Nichts an. Die Häuser stehen hier alle auf Pfosten am oder über dem Fluss, die kleinen Klohäuschen stehen immer über dem Wasser weil man ja keine Kanalisation kennt und manche Leute ziehen sich das Wasser zum Duschen einfach mit einem Kübel hoch ins Badezimmer. Praktisch... Frischwasser ist äusserst rar und so ist es normal wenn der Wasserhahn trocken bleibt wenn man den Hahn aufdreht, normalerweise hat man pro Tag vielleicht eine Stunde Wasser, und so steht auch im Bad von unserer Hospedaje ein rostiges altes Ölfass welches man immer mit Wasser füllt - Der Wasserhahn ist immer offen, man will ja nichts verpassen wenn man um 2 Uhr morgens plötzlich Wasser hat. Aus diesem Wasserfass nimmt man denn auch das Wasser um sich zu duschen und für die Toilette.

Das Dorf hat keine Telefone - das heisst eigentlich gäbe es eine Richtstrahlverbindung, aber die funktioniert schon seit Urzeiten nicht mehr und so ist die einzige Verbindung ein Satellitentelephon im Luxushotel der Stadt, doch davon später ;-). Das Leben spielt sich hier meistens am Fluss ab, die Kinder planschen in der Hitze im schlammigbraunen Wasser und die Leute sitzen den ganzen Tag in ihren Schaukelstühlen ohne etwas zu machen, ja das Leben ist ruhig. Von meinen drei Mitreisenden ernte ich Ekel und Unverständnis wenn ich mich auch in dem braunen Fluss bade und mich einseife weil unser Wasserfass schon seit einem Tag leer ist. Frauen welche ewig duschen und sich immer die Haare waschen können ganz schön stressig sein wenn man sich ein Wasserfass teilen muss. Gekonnt halte ich mich von den Toilettenhäuschen am Fluss fern und geniesse das erfrischende Bad im kühlen Wasser mit den einheimischen Kindern... An den Tagen die wir hier verbringen spazieren wir in der Umgebung oder paddeln in einem Holzkanu irgendeinen Fluss hoch. Die Leute hier sind wahnsinnig nett, wenn man zum Beispiel den Fluss überqueren will holt einen immer jemanden ab oder nimmt einen mit und Geld wollen sie nicht annehmen, das Leben ist hier noch in Ordnung... Niels hat wohl irgendwas schlechtes gegessen denn er muss sich zwei Tage lang erbrechen und lässt es sich trotzdem nicht nehmen an unseren Ausflügen teilzunehmen (Harte Kerle diese Holländer ;-) Allmählich habe ich das Gefühl dass sich alle Leute um mich herum was einfangen, denn auch Jana (Gruss auch an Dani ;-) hatte 10 Tage lang ziemliche Magenprobleme in San Juan del Sur bis sie sich in eine Baracke wagte dessen Schild besagte das es eine Klinik wäre, die Kakerlaken schien das allerdings nicht zustören. Die Ärztin liess sie erst wieder gehen als sie ihr 3 Liter isotonische Salzlösung eingeflösst hatte, Jana war wohl schon ziemlich ausgetrocknet...

Eigentlich kamen wir nach E1 Castillo um eine alte Spanische Festung zu besichtigen, denn dieser Fluss war Jahrhunderte lang der wichtigste Weg um nach Granada und damit zu den Spanischen Kolonien in Lateinamerika zu kommen. Die Ruine zeugt von grossen Schlachten welche hier zwischen den Spaniern und den Engländern mitten im Nichts geführt wurden. Zurück qeht's in die "Zivilisation" nach Granada.

Montag, Mai 20, 2002

Ometepe


Nach einer Woche in der Stadt und an einem kleinen Badeort an der Pazifikküste geht's auf eine Insel auf dem riesigen Nicaraguasee. Die Nussschale welche uns in eineinhalb langen Stunden auf die Insel Ometepe bringt schaukelt so stark dass schon nach 10 Minuten der erste kotzt - Natürlich nicht über Bord sondern mitten ins Boot; und das Wasser welches überall hinschwappt verteilt die ganze Sauce schön im Boot, zum Glück nicht bis zu uns so dass ich mich zusätzlich zum an den Pfosten klammern um nichts mehr kümmern muss. Jana sitzt friedlich auf irgendwelchen Reissäcken und scheint zu schlafen, wie ist denn das möglich?

Das Leben auf der Insel ist noch ziemlich ursprünglich: Überall sind Schweine und Hühner auf der Strasse und die Leute sind wahnsinnig nett und hilfsbereit, noch überhaupt nicht Touristenverdorben wie in anderen Ländern. Fliessend Wasser und Strom gibt es höchstens ein paar Stunden pro Tag weil sie immer wieder Versorgungsprobleme haben - wie übrigens in ganz Nicaragua nur nicht so ausgeprägt, aber man gewöhnt sich daran...

Ometepe besteht aus zwei Vulkanen welche sich mitten im Nebelwald schön kegelförmig erheben. Sie geben einen guten Vorwand für eine Wanderung ab. Vera schnaubt und pfeift schon nach 15 Minuten mit hochrotem Kopf wie eine Dampflokomotive und beschliesst dann das der Vulkan diese Anstrengung nicht Wert wäre. Die letzten 3 Stunden kämpfe ich mich mit Jana durch 30 Zentimeter tiefen braunen Schlamm hoch. Am Anfang noch sorgfältig darauf bedacht möglichst sauber zu bleiben geben wir dieses Vorhaben auf als uns zwei völlig verschlammte Amis entgegenschlittern... Just in dem Moment wo wir mit einem Seil zu dem Kratersee hinunterklettern kommt der Nebel zurück, aber Jana ist so mit der Kletterei beschäftigt dass ihr die Aussicht völlig egal ist, naja jeder wie er will... Nach einem Picknick am See kehren wir um, und plötzlich kommt uns ein völlig verdrecktes und keuchendes Schlammmonster entgegen welches sich bei näherer Betrachtung als Vera entpuppt die sich verbissen den Vulkan hoch kämpft. Sie schliesst sich uns wieder an ist aber so erschöpft dass sie regelmässig wie eine Uhr alle zwei Minuten wieder voll in den Schlamm purzelt. Ich muss mir Mühe geben nicht allzu sehr zu grinsen sonst schmiert sie mich noch mit Schlamm voll. Um sieben Uhr früh sind wir losgezogen und um 16:00 hat uns die Finca wieder zurück. Völlig Latino atypisch fährt der letzte Bus 10 Minuten zu früh ab und so stehen wir an der verlassenen Strasse ziemlich dumm da. Ich möchte auf der Finca übernachten aber die Mädels stellen sich aus unterschiedlichen Gründen quer: Vera will nur noch frische Klamotten und ihr Linsenzeugs welches in unserer Hospedaje liegt und Jana hat voll den Abenteuergeist gepackt: Sie sieht nur noch einen Nachtspaziergang am Strand wo man ja auch übernachten könne (was auch möglich wäre, weil Kriminalität gibt es hier auf der Insel noch nicht). So zotteln wir im Mondlicht los und plaudern bis uns nach 1 1/2 Stunden ein Reiter zu seinem Nachbarn führt welcher uns -gegen Gebühr- mit seinem Pick-up zu unserer Hospedaje fährt; Autos sind auf der Insel ziemlich rar... Die restlichen Tage verbringen mit dem Erkunden der Insel per Bus oder auch auf der Ladefläche eines Lastwagens stehend.

Sonntag, Mai 12, 2002

In Nicaragua

Nicaragua. Das Land welches Somoza ausgeblutet hat, das Land der Sandinisten und der Contrarebellen. Ein Land welches das Pech hatte zum Spielball zwischen Ost und West zu werden und immer wieder von Naturkatastrophen wie Erdbeben, Überschwemmungen und Hurrikanen heimgesucht wurde. Obwohl der Krieg schon lange vorbei ist kann über 30% der Bevölkerung weder lesen noch schreiben und mehr als 50% sind Arbeitslos. Ein 3. Welt Land...

Dieses schlechte Bildungsniveau führt aber manchmal auch zu niedlichen Situationen, vor allem wenn man sich in Bussen mit Leuten unterhält - Wenn man diesen Versuchen überhaupt Gespräch sagen kann ;-). So wird man Beispielsweise gefragt wie viele Busstunden entfernt die Schweiz denn liege und als ich einmal zur besseren Verständigung eine örtliche Landkarte auspacke bemerke ich dass die Leute noch nie eine Karte ihrer Region gesehen haben, überhaupt haben die meisten Leute welche auf dem Land leben noch nie ihre Gegend verlassen und kennen von ihrem eigenen Land eigentlich nichts. Die Leute welche Arbeit haben arbeiten meistens 6 oder 7 Tage die Woche und verdienen circa 1$ pro Tag...

An der Grenze zu Nicaragua geht es hektisch zu und her: Man muss sich an X-verschiedenen Menschenschlangen gedulden, Kinder wollen einem das Gepäck tragen und Taxifahrer wollen uns übers Ohr hauen. Zwei Stunden später sitzen wir in einem drückend heissen und völlig überfüllten 60er Jahre Bus nach Rivas. Hier im Bus begegne ich zufälligerweise wieder den beiden Engländerinnen auf Weltreise welche ich schon in San José und auf der Puntarenas Fähre begegnet bin - Zufälle gibt's... Rivas ist eine kleine Provinzhauptstadt und genauso wie ich mir Nicaragua vorgestellt habe: Auf den staubigen Strassen sieht man viele Fahrräder um die wenigen uralten und klapprigen Autos und Busse kurven. Die Waren balancieren die Frauen in grossen Körben auf dem Kopf oder sie werden in Schubkarren von Hand gezogen; auch Pferde werden noch häufig eingesetzt. Touristen gibt es kaum und ich bin heilfroh das ich etwas Spanisch kann. Die Taxifahrer welche dich gestern noch eiskalt angelogen haben dass kein Bus mehr fahre grüssen dich auf der Strasse und plaudern mit einem als ob nichts gewesen wäre... Und immer wieder ist es ein Erlebnis durch die farbigen, lärmigen und duftenden (manchmal auch ekligen) Märkte zu gehen und dem Leben zuzuschauen.

Donnerstag, Mai 09, 2002

Wandern in Costa Rica


Die letzten Tage in Costa Rica verbringen wir im Norden des Landes auf einem Bauernhof welcher ziemlich weitab jeglicher Zivilisation auf circa 800 Meter über Meer liegt. Und wieder einmal sind wir überrascht von der Vielfalt der Natur hier: Heute morgen noch in Mal Pais bei über 30 Grad, Palmen und weissem Strand - und am Abend desselben Tages sind wir an einem Ort den man mit einer Schweizer Alp verwechseln könnte! Naja, nicht ganz: Anstatt der Alpenkulisse sieht man den Vulkan Rincon de la vieja und die Kühe hier haben riesige Flatterhängeohren und einen Höcker, so dass sie für uns ziemlich drollig aussehen.


Um acht Uhr am nächsten Morgen traben wir zusammen mit dem Sohn vom Farmer und einem unternehmenslustigen Hund los um in den 5 Kilometer entfernten Nationalpark zu kommen. Der Junge marschiert den Berg hoch wie eine Berggemse und wir zwei Schweizer lassen uns auch nicht lumpen und ziehen mit - dieses ausserolympische aber zweifellos auf hohem Niveau stattfindende (man muss sich ja ab und zu selber auf die Schulter klopfen oder?) Costa Rica - Schweiz Duell endet aber mit einem Tico Triumpf weil sich Bronco dieser dumme Köter einen Schlusssprint wegen eines Stöckchens nicht verkneifen kann. Das Schiedsgericht wird noch eruieren ob ein regelwidriger Stöckchenwurf vorliegt oder nicht...

Dieser Nationalpark liegt in vulkanisch sehr aktivem Gebiet und darum ist das heutige Highlight eine warme Wasserquelle. Das Wasser sprudelt mit über 40° extrem Mineralhaltig aus der Erde und es ist sehr erholsam darin zwei Stunden zu baden - wenn nur nicht dieser permanente Schwefelgeruch wäre; denn zwei Tage später stinkt meine Haut immer noch stark danach *Bähh*, aber wen stört's, schliesslich verspricht der Reiseführer eine therapeutische Wirkung - We'll see, bis jetzt besteht die Wirkung jedenfalls nur darin dass sich unser Silberschmuck schwarz verfärbt hat...


Nicht wegzudenken vom Bauernhof ist unser hyperaktiver "Kampfwurm" den wir in unser Herz geschlossen haben und welcher uns seit unserer Ankunft auf Schritt und Tritt folgen will. Dieser Kampfwurm ist ein Hundewelpe undefinierbarer Herkunft mit riesengrossen schwarzen Kulleraugen. Anscheinend kann er die Vorder- und Hinterbeine noch nicht zusammen koordinieren und so rennt manchmal das Hinterteil in die eine und das Vorderteil in die andere Richtung was unweigerlich zum Sturz führt. Auch wenn er uns begrüssen kommt überholt ihn beim bremsen immer wieder sein Hinterteil und nachdem er rückwärts in einen Wanderschuh geklatscht ist purzelt er tollpatschig über den Boden. Tja, es sieht nicht so aus als ob er sich irgendwann mal zum Intelligenzbolzen entwickeln wird. Für den nächsten Tag planen wir eine 34 Kilometer Wandertour im selben Nationalpark. Unser Gastgeber will uns dazu überreden doch wenigstens die 10 Km hin und zurück zum Nationalpark per Pferd zurückzulegen (als guter Geschäftsmann offeriert er uns als Option auch gleich den ganzen Tag mit Pferd und Führer an). Aber noch immer die gestrige Niederlage im Kopf lehnen wir ab und beschliessen alles zu Fuss zu gehen. Auf dieser Tour begegnen wir allerhand vulkanischen Aktivitäten: brodelnde Schlammlöcher, 80° warme kleine Seen die brodeln, Löcher aus welchen Wasserdampf schiesst und einen "Vulcanito" welcher tief blubbernde Geräusche von sich gibt und gefährlich qualmt - all dies unter einer miefenden Schwefelglocke und im trockenen Wald. Alles in allem ein sehr interessanter Tag bis auf die Tatsache dass uns auf dem Nachhauseweg eine Wolke kleiner Fliegen überfallen hat die wir zuerst als harmlos eingestuft haben, uns aber ziemlich zerstochen haben...

Samstag, Mai 04, 2002

Surfen an der Pazifikküste

Ich konnte mich immer noch nicht von Costa Rica trennen und bin zur Zeit mit einem Schweizer an der Pazifikküste in einem kleinen Örtchen Namens "Mal Pais" wo wie hängen geblieben sind und vom Surf Virus befallen wurden - aber leider muss ich in einer Woche Costa Rica verlassen wenn ich nicht saftige Ausreisegebühren an der Grenze bezahlen will. Mal schauen ob es mir in Nicaragua gefallen wird, oder ob ich wieder hierher zurückkehren werde...

Der Dani hat die ersten vier Tage hier mit einem Spiessrutenlauf von Toilette zu Toilette verbracht -und deren gibt es hier nicht allzu viele! Naja, manche Leute mögen anscheinend das Lauftraining auf die harte Tour, denn sonst hätte er die Warnung betreffend Eiscreme auf der Puntarenas Ferry ernstgenommen: als er in der drückenden Hitze wohlig grunzend und mit selig verklärtem Gesicht an seinem Eis knabbert ist er felsenfest davon überzeugt dass es das Risiko Wert wäre - Nach 4 Tagen Dünnpfiff kann ich ihm kein Statement mehr betreffend "Fressgier contra Dünnpfiffrisiko" entlocken - aber ich arbeite daran!

Bis vor ein paar Tagen dachte ich dass diese typischen braungebrannten und blonden Surfer nur in Hollywoodstreifen existieren, aber hier in Mal Pais läuft diese eigentümliche Gattung gleich in Rudeln frei herum - und wir packen diese Chance um diese rare Spezies in ihrem ureigenen Revier zu studieren... Ich glaube wenn wir hier das Wellenreiten kritisieren würden, würde man uns der Ketzerei bezeichnen und geteert und gefedert aus dem Dorf schmeissen. Aber so etwas tun wir ja nicht, schliesslich sind wir hier um die altehrwürdige Kunst des Reitens auf der Welle zu erlernen... *Räusper* -Mein Hirn hat wohl schon zu lange an der Sonne geschmort weil ich solche Sachen schreibe! Apropos Sonne: welche Farbe hat denn der Nebel im Moment in der Schweiz? *Hehehe*
Anyway, am letzten Sonntagmorgen (Das Surferleben wird durch die Gezeitentabelle bestimmt) traben wir zwei Greenhörner frohen Mutes mit einem "Longboard" unter dem Arm hinter unserem natürlich braungebranntem und blondem Surflehrer ins tosende Meer. Fünf Minuten später sausen wir auf unseren Brettern stehend dem Strand entgegen. Wow! Naja, Welle kann man dem weisssprudelndem Flaum hinter meinem Brett wahrlich nicht sagen, aber immerhin stehe ich. Fazit von diesem ersten Tag: Man muss nicht unbedingt blond sein um Surfen zu können, das Wellenreitgen können auch dunkelhaarige besitzen: Denn wir haben den ersten nicht blonden Surfer gesehen - Nein nicht Dani oder ich! Wir sind erleichtert!

Das schwierigste ist mit dem Brett hinaus zu paddeln ohne gleich wieder mit der nächsten Welle an Land gespült zu werden wie ein gestrandeter Wal. Aber auch die anderen Surfer kämpfen mit diesem Problem: Wir haben Exemplare beobachtet welche 15 Minuten wie wild versucht haben über das Weisswasser hinaus zu paddeln und sich dann völlig erschöpft ohne ein einziges Mal gesurft zu haben wieder haben an Land spülen lassen. Überhaupt ist es erstaunlich wie ineffizient dieser Sport doch eigentlich ist: 5 Minuten paddeln und dabei alle paar Sekunden durch tosende Wellen tauchen ( Zwei Meter hohe Wellen sprudeln doch schon ein wenig...) nur um danach 45 Sekunden auf dem Brett zu stehen!

Diese Whitewater-Zone scheint so eine Art natürliche Barriere zu sein um die Greenhörner wie mich von den richtig schönen Wellen fernzuhalten denke ich mir. Am zweiten Tag gelingt es mir irgendwie in einem ruhigen Moment keuchend, japsend und alles andere als elegant hinauszukommen. Ehe ich mich so richtig über meine ,Heldentat freuen kann bricht schon die erste grosse Welle über mir zusammen - ich liege auf dem Brett um wieder ans Ufer zu schippern aber leider taucht die Nase von meinem Brett ins Wasser (wie ging das doch gleich noch mal mit der Gewichtsverlagerung?) und wirble durchs Wasser. Kaum tauche ich auf bricht schon das nächste Ungetüm über mich hinein, das Brett hat sich von der Sicherheitsleine an meinem Fuss losgerissen und wird an Land gespült während ich mir nach Luft schnappend verspreche in Zukunft die grossen Wellen den Profis zu überlassen.

Mittlerweile versuche ich mich auf einem kurzen Brett welches mir ein Ami der hier Pferde verleiht geliehen hat - der Hacken an der Sache ist, dass dieses Brett so klein ist dass es sehr wenig Auftrieb hat und ziemlich kippelig ist. Entsprechend unbeholfen stelle ich mich denn auch an; 3 Monate täglich surfen wären nötig bis man sich mit so einem Brett in den grossen wellen tummelt... Ausser surfen machen wir hier nicht viel, wie lümmeln in den Hängematten herum und pflegen unsere zahlreichen Schürfungen, blauen Flecken und Muskelkater (Ich habe mir das Surfen eigentlich entspannender vorgestellt), essen selbstgepflückte Mangos oder köcheln eine Suppe an unserem Kochplatz. Und trotzdem fliegt die Zeit so schnell vorbei dass ich am liebsten hier bleiben würde.