Samstag, März 23, 2002

Nationalpark Corcovado

Langsam (oder eigentlich ziemlich schnell) geht meine Zeit hier in Costa Rica zu Ende. Aber ich weiss schon jetzt dass ich Costa Rica und die Leute hier ziemlich vermissen werde - aber das ist doch ein gutes Zeichen, oder?

Die Osterwoche ist nun schon ein paar Tage vorbei aber trotzdem ist sie mir noch lebhaft in Erinnerung. Denn für fünf Tage gingen wir zum Corcovado Nationalpark, das ist der grösste und auch einer der einsamsten und naturnahensten Naturparks in Costa Rica. Er liegt ganz im Süden an der Pazifikküste und ist dementsprechend ziemlich schwer erreichbar. Zu erst steht eine circa 6 stündige Busfahrt von San José nach Palmar an - Die Tickets haben wir vier Tage vorher organisiert und hatten ziemliches Glück dass wir noch welche bekommen haben. Denn während der Osterwoche fliehen alle Tico's ans Meer - was schlimmer ist als unser alljährlicher Gotthardstau.

Hier in Zentralamerika ist natürlich auch das Ticket kaufen mit einem 30 Minütigen Schlange stehen verbunden, aber man gewöhnt sich ja an alles... Nach dieser Busfahrt werde ich mich in Zukunft sicher zuerst informieren ob der Buschauffeur einen schwarzen Vollbart trägt oder nicht - denn offensichtlich ist es hier nicht ratsam mit so einem Bart herumzulaufen; wie mir scheint. Denn in diesen 6 Stunden Busfahrt wird unser Bus sage und schreibe drei Mal kontrolliert! Aber man hat ja schliesslich gelernt geduldig zu sein beim ewigen Schlange stehen... Zwei Mal werden wir nach Drogen untersucht (Aber nicht wirklich intensiv wie mir schient, halt Tico-Style) und einmal von der Verkehrspolizei; was die Reisezeit um über eine Stunde erhöht. Darum werde ich in Zukunft sofort wieder aussteigen wenn ich am Steuer "meines" Busses einen Vollbarttragenden Guerillamässig aussehenden Chauffeur entdecke ...*smile*


In Palmar angekommen suchen wir uns einen Taxifahrer welcher uns in das circa 15 Kilometer entfernte Sierpe fährt, denn dorthin fahren keine Busse mehr... Hut ab vor dem Taxichauffeur denn dieser muss sich sein Geld auf dieser doch ziemlich miesen Naturstrasse schwer verdienen (Armes Taxi...). Ziemlich durchgeschüttelt und Staub-gepudert (das Zeugs klebt so schön wenn man bei über 30° Celsius und 90% Luftfeuchtigkeit "etwas" schwitzt :-) erreichen wir unser Billig-Hotel. Sierpe ist ein ziemlich kleines Kaff welches aus ein paar Holz & Blech Hütten, einem Hotel, zwei oder drei Bars, einem kleinen Laden und aus einem Fussballplatz besteht. Von hier aus starten wir am nächsten Tag zur letzten Etappe unserer Reise: Einer Bootsfahrt welche uns circa 30 Kilometer Flussaufwärts ins Meer und an die, ein paar Kilometer weiter entfernte Bucht bringen soll. Morgens um sieben Uhr brausen wir mit heulenden Motoren in einem kleinen Boot (5 Personen und Fahrer) durch den ruhigen Fluss...

Dieser Fluss, es ist der grösste im Tico-Land, ist ziemlich breit und ist ganz braun gefärbt - hoffentlich muss ich hier nicht baden gehen... Die Flussufer sind gesäumt von Mangrovenwälder welche die meiste Zeit im Wasser stehen; auch sonst ist es stellenweise ziemlich sumpfig. Fast ausschliesslich menschenleer präsentiert sich das Land, nur ab und zu ein kleines Holzhäuschen mit einer Bootsanlegestelle. Der Fluss hat viele Inselchen, ein wahres Labyrinth von Nebenarmen und fliesst alles andere als geradeaus ins Meer. Man hat uns vorher angedeutet dass die Flussmündung ins Meer manchmal etwas spektakulär werden kann, aber was uns erwartet, überrascht uns so dass Jana und Vera welche sonst alles knipsen was nicht bis drei hinter einem Baum verschwunden ist (36 Fotos nur für einen Vulkankrater sprechen wohl für sich, aber der arme Kerl ist halt selbst Schuld dass er sich nicht hinter den Wolken versteckt hat...) nicht mal mehr daran dachten Fotos zu machen. Aufgrund des Vollmondes herrscht eine abnormal starke Ebbe. Diese Untiefen zusammen mit dem starken Wind resultieren in ziemlich grossen, sich überschlagenden Wellen im offenen Meer. Auf jeden Fall haben unsere zwei Mädels ziemlich schnell ihre orangenen Schwimmwesten an, klammern sich irgendwo fest und werden ziemlich still. "Pass bitte auf das meiner Kamera nichts passiert" Ist alles was sie noch piepsen... Schon taucht die erste Welle vor dem Boot auf und der Bootsführer düst mit Vollgas mitten hinein - jetzt heisst es nur noch sich festhalten, hoffen dass er weiss was er tut und warten bis einem die Wellen ins Gesicht klatschen... Natürlich können wir uns ein Grinsen nicht verkneifen, solche Bootstouren sind doch toll!


In dieser Bucht gibt es keine Anlegestelle und so müssen wir circa 50 Meter mit dem Rucksack über dem Kopf durchs Wasser ans Ufer waten, was eigentlich ein Witz ist: Denn die Bootsfahrt hat meinen Rucksack trotz Stauraum im Bug ziemlich mit Salzwasser getränkt so dass ich ihn genauso gut durchs Wasser ziehen könnte. Egal, man kommt sich doch sofort viel abenteuerlicher vor wenn man sich mit dem Rucksack über dem Kopf die Zehen an den Steinen unter dem Wasser aufreisst während man ungeschickt an den Palmenstrand tapst... Die Bucht hat ihren Namen von Sir Francis Drake, einem Piraten in englischen Diensten welcher im 16. Jhr. mit Vorliebe spanische Schiffe überfallen hat - Er ankerte in dieser Bucht und auch heute noch scheint dieser Ort eher Piratennest als Urlaubsort zu sein. In dieser Bucht gibt es eine Bretterbude welche einen kleinen Laden und das einzige Telefon beinhaltet; Ansonsten kommuniziert man hier via Funkgerät - Hoffentlich muss niemand ins Spital, denn auch das geht nur mit Boot. Ausländische Touristen gibt es kaum, denn die logieren in den Luxushotels weiter unten an der Küste und Elektrizität gibt es nur von 18:00 bis circa 23:00 weil der Ort nur über einen Uralt-Dieselgenerator verfügt.

Unsere Unterkunft ist eine Art Massenlager aus rohgezimmerten Brettern und Wellblech - es ist erstaunlich wie anpassungsfähig man doch ist: Nach dem ersten Kulturschock, denn Die Dusche sieht schlimmer aus als bei uns eine Viehtränke fühlen wir uns nach ein paar Tagen doch ziemlich wohl. Trotzdem schlafe ich immer im Freien. Einerseits wegen der schier unerträglichen Hitze und andererseits wegen dem nicht gerade sauberen und komfortablen Bett, dafür hat man draussen eine wunderbare Naturkulisse.

Die Insekten und Käfer haben die Angewohnheit sich immer in die Dusche zu setzen oder auf einem Kopf, bevorzugt mit langen Haaren. Passiert das letztere bei Frau wird kurz gejapst, man klammert sich schicksalsergeben am Stuhl fest und wartet bis man(n) es entfernt hat. Taucht dann ein paar Minuten später die 5 jährige Tochter von unserer Wirtin mit so einem Monster in der Hand auf schnaubt Frau nur abschätzend und meint: "Den hier würde ich auch anfassen, meiner war viel grösser" - jaja Vera, meinen wir und spielen weiter UNO - die Ticos denken eh wir spinnen weil wir wegen diesem dummen Spiel so gröhlen können.

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