Montag, März 11, 2002

Das Meer

Langsam gewöhne ich mich an das "Studentenleben" in Costa Rica - Das Problem ist nur dass ich hier fast mehr englisch spreche als Spanisch, was ja eigentlich nicht dem Sinn dieser Reise entspricht. Pero no me importa porque son vacaciones, verdad? Ganz in diesem Sinne verplane ich auch meine Wochenenden: Meistens hüpfen wir am Freitag morgen in einen mehr oder weniger luxuriösen Reisecar um an einen weissen mit Palmen besetzten tropischen Karibik- oder Pazifikstrand zu gondeln, dort suchen wir uns meistens eine billige 7$ Absteige - man verbringt ja meistens nur ein paar Stunden Schlaf in diesen Löchern...

Puerto Viejo in der Karibik war unser erstes Ziel, ein Touristenkaff erster Güte auf dem "Gringo-Trail" (Der Gringo-Trail ist die bevorzugte Route aller Rucksacktouristen von Mexiko nach Panama....). Dementsprechend kann man dort auch ein Wochenende verbringen ohne das man auch nur ein Wort Spanisch hört. Puerto Viejo ist ein Ort für Aussteiger: Man sieht viele Amis und auch Europäer die sich hier niedergelassen haben und sich mit irgendwelchen Geschäften über Wasser halten - ein ganz komisches Exemplar pedalt auf seinem uralt Drahtesel den ganzen Tag durch die staubigen Strassen und will jedem Tourist seinen selbstgebackenen Bananencake zu einem horrenden Preis andrehen. Ein anderer Amerikaner betreibt eine kleine Soda; Billigrestaurant im Bruchbudenstil, geöffnet den ganzen Tag gemäss Anschlag. Als wir dort was essen wollten kam er uns grad mit seinem Surfbrett entgegen und sagte uns: Sorry, aber heute gibt's nix, die Wellen sind grad toll. So ist das Leben hier... In diesem Ort gibt es keine asphaltierten Strassen und nur kleine Holzhäuschen, auch der Strom fällt fast jede Nacht einmal aus und wer auf die dumme Idee kommt Wasser aus dem Hahn zu trinken windet sich am nächsten Tag vor Bauchschmerzen und Dünnpfiff.


Aber mir scheint so als würden all diese Sachen als eine Art Touristenattraktion künstlich gepflegt... Denn Puerto Viejo ist DIE Reaggegemeinde in Costa Rica; an jeder Strassenecke hört man "Wanna buy some dope man?", jede Nacht steigt am Strand eine Riesenfete mit Reaggemusik, Strandfeuern und allem was so dazugehört. Sogar die in der Gegend lebenden Hunde nehmen daran teil - Sie legen sich einfach zu einer Gruppe Touristen und verlangen geknuddelt zu werden - was zu futtern ist natürlich noch besser; ich wusste gar nicht dass Hunde so stinken können... Sogar Pferde unternehmen zu zweit einen Abendspaziergang am Strand um anschliessend in den Müllsäcken von einem Restaurant zu dinieren - weiss der Kuckuck woher diese Pferde kommen.
Am Tag findet man an gewissen Stränden ein paar Kilometer südlich vom Dorf die schönsten Wellen; als Schwimmer kann man sich hier wohl nicht mehr hineinwagen - aber es macht Spass den Surfern zuzuschauen wie sie auf den Wellen reiten, wäre sicher toll das auch mal auszuprobieren...

Die Pazifikseite sieht ähnlich aus scheint mir, auch hier gibt es massenhaft Touris und schöne Strände. Das schönste aber ist, dass es hier immer noch möglich ist ziemlich einsame Strände zu finden wenn man bereit ist etwas zu laufen und die Einheimischen zu fragen...

Wir finden so eine kleine Bucht wo der Wald bis an den Strand reicht, die Lianen hängen von den Bäumen direkt ins Wasser und von einem Felsen plätschert ein Bächlein. Allerdings müssen wir dafür 15 Minuten auf einem fast inexistenten Pfad durch den Wald traben was meinerseits einer ziemlichen Überzeugungsarbeit bedurfte, weil unsere Chicas ziemlichen Respekt vor dem Wald und den darin lebenden Viechern haben.


Aber es hat sich gelohnt denn die Natur dort ist wirklich umwerfend: Man badet im sehr warmen Meerwasser in der Bucht umgeben vom Dschungel, überall zwitschern tropische Vögel und flattern Schmetterlinge, am Strand sieht man grosse Echsen, manchmal sieht man eine Affenherde und auf einem Baum am Strand entdecken wir ein Faultier welches in circa drei Metern Höhe Blätter frisst - und das nicht einmal in einem der vielen Nationalparks. Mittlerweile hab ich mich so an den Anblick von Faultieren gewöhnt dass ich mich eigentlich kaum mehr umdrehe, die scheinen hier wirklich häufig zu sein...

Der Klimaunterschied von San José welches auf einer Hochebene circa 1100 Meter über Meer liegt und den Stränden ist wirklich enorm. Hat man in San José ein sehr angenehmes Klima um die 25 Grad herrscht an der Pazifikküste nur zwei Stunden Busfahrt von San José entfernt ein ganz anderes Klima: um die 35 Grad Hitze bei über 80 Prozent Luftfeuchtigkeit, in der Nacht wird es nur ein paar Grad kühler... Morgens um neun Uhr wenn man im Schatten sitzend frühstückt oder auch nur faul in der Hängematte herumlümmelt kleben die Kleider schon an der Haut weil man so schwitzt, am Sonntag Abend bin ich jeweils richtig froh wenn man im angenehm kühlen San José ankommt.

Komischerweise habe ich mich ziemlich stark erkältet und liege verschnupft mit Husten, Hals- und Kopfschmerzen in einem drückend heissen Hotelzimmer auf dem Bett. Der riesige Deckenventilator wirbelt mit einem ziemlichen Geräusch die feuchte Luft umher, vergeblich bemüht ein etwas angenehmeres Klima zuschaffen. Überall im Zimmer wirft er flatternde Schatten welche die Szene noch unwirklicher machen - die ganze Szenerie kommt mir so surrealistisch vor wie in Francis Ford Coppola's Film "Apocalypse Now".

Die Nächte unter dem Moskitonetz zu verbringen ist noch viel unangenehmer, entweder hat man das blöde Netz im Gesicht oder es hat sich irgendwo geöffnet. In Zukunft werde ich mich wohl eher von den gierigen Moskitos zerstechen lassen als mich wieder unter ein solches Netz zu zwängen!

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